Amos Vogel
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Publizist*innen und Propagandist*innen für die Entstehung dieser so oft zu Unrecht geschmähten und missachteten Bewegung von eminenter Bedeutung waren. Niemand wird bestreiten, dass sie erfolgreich zur Entstehung und Sichtbarkeit der Bewegung beigetragen haben.
Dabei haben sie jedoch unmerklich die Unterscheidung zwischen Propaganda und Kritik so weit verwischt, dass ihre “Rezensionen” und Veröffentlichungen in ihrem schwärmerischen Tonfall den literarischen Boulevardzeitschriften zu ähneln begannen.
Heute, wo die Avantgarde in eine gefährliche neue Phase eintritt, muss die Analyse Vorrang vor der Verbreitung haben, und die beiden müssen klar voneinander getrennt werden.
Publizist*innen sind überschwänglich, vor allem wenn es um die Produkte ihrer Kundschaft geht. Aus diesem Grund sollten die folgenden Beschreibungen, die sich in veröffentlichten Artikeln und Aufsätzen immer wieder als kritische Bewertungen ausgeben, korrekterweise als Werbungen oder Werbetexte bezeichnet werden: “Ein Werk der Schönheit”, “ein schönes Werk”, “es ist schön”. Besondere Vorsicht ist bei Formulierungen wie “Eines der…” geboten. (z. B.: “Dies ist eines der schönsten Werke der amerikanischen Avantgarde”). Letztendlich bietet die Woche für Woche erfolgende, kontinuierliche Aneinanderreihung von neuen Meister*innen, Genies und Gigant*innen alsbald Anlass zu Misstrauen oder Spott.
Wir brauchen Unterstützer*innen und keine Fetischist*innen des Avantgarde-Kinos. Wir müssen bei der Beurteilung von Avantgardefilmen die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei allen anderen Kunstwerken. Dieses Bemühen um Maßstäbe darf nicht mit autoritären Einschränkungen im Hinblick auf Stil oder Inhalt gleichgesetzt werden. Im Gegenteil, wenn wir die Experimentalist*innen mit fehlgeleiteter Toleranz behandeln, wenn wir von “Erfolgen” sprechen, wo es nur Versuche gibt, von “Versuchen”, wo es gar nichts gibt, und von “Retrospektiven” nach einer Schaffensperiode von nur zwei Jahren, dann schwächen wir die Bewegung nachhaltig.
It is quite correct to say that publicists and propagandists were eminently essential to the creation of this so often unjustly maligned and disregarded movement. No one will deny their success in contributing to the creation and visibility of the movement.
In the process, however, they have unperceptively blurred all distinction between propaganda and criticism, until their “reviews” and house organs have begun to resemble the literary vanity presses, with an appropriately hallucinatory inflection.
Today, when the avant-garde is entering a dangerous new stage, analysis must take precedence over publicity and the two must be clearly distinguished from each other.
Publicists are hyperbolical, particularly where the client’s products are concerned. For this reason, the following formulations, continually posing as critical evaluations in published articles and essays, should properly be labeled publicity or advertising copy: “A work of beauty,” “a beautiful work,” “it is beautiful.” Particular care must be taken with such phrases as “One of the…” (e.g., “This is one of the most beautiful works of the American avant-garde”). Finally, the continuous procession, week after week, of new masters, geniuses, and giants quickly becomes an object of suspicion or ridicule.
We need proponents, not fetishists, of avant-garde cinema. We must rigorously insist on the same standards of judgment for avant-garde films as we apply to any other works of art. This concern with standards must not be equated with authoritarian strictures regarding style or content. On the contrary, it is when we coddle the experimenters with misplaced tolerance, when we talk of “achievement” where there are only attempts, of “attempts” where there is nothing, of “retrospectives” after two years of production, that we profoundly weaken the movement.