Peter Lorre: Augen schauen Dich an – F wie Fremdheit

Elisabeth Streit

Mit geschwärzten Haaren, Eyeliner, einer Mischung aus Fettfarben und einer stahlumrandeten Brille – die Zähne waren seine eigenen – stimmte die Make-up-Abteilung kosmetische Details auf die gängigen Stereotypen ab. Außer in den Szenen, in denen Moto verkleidet auftritt, verzichtete Peter Lorre auf Farbe und Spachtelmasse und zog es vor, seine Figur von innen heraus zu gestalten. Mr. Moto war Japaner, und da er auf der Leinwand von Lorre – einem weißen europäischen Schauspieler – gespielt wurde, möchte ich die Praxis des “Yellowfacing” nicht unerwähnt lassen: die Darstellung asiatischer Charaktere durch weiße Schauspieler. Das, was dargestellt wurde, war eher vage “orientalisch” als spezifisch chinesisch oder japanisch. Die Geschichte des “Yellowface” umreißt zunächst, wie bestimmte Darstellungen asiatischer Charaktere in verschiedenen Epochen an Bedeutung gewannen. Der Einsatz von Europäern in orientalischen Rollen war in der Geschichte Hollywoods gängige Praxis, und diese Strategie trug einerseits dazu bei, ungenaue und explizit rassistische Stereotypen über asiatische Figuren aufrechtzuerhalten, und andererseits Darstellungen bestimmter Aspekte asiatischer Kulturen zu verfälschen. Dies galt insbesondere für die Methoden, die zur Darstellung der körperlichen Erscheinung, der Stimme oder des Akzents sowie der Manierismen oder Verhaltensweisen verwendet wurden. Im Kontext von Lorres Karriere finde ich es absolut notwendig darauf hinzuweisen, dass er die Darstellung des Mr. Moto dazu genutzt hat, diesen Trend bewusst zu subvertieren. Zudem ist es interessant, was die Rolle des Mr. Moto über den Schauspieler Peter Lorre verrät und nicht umgekehrt: bezeichnend für diese alternative Perspektive auf die Beziehung zwischen Schauspieler und Figur ist das Konzept des “Andersseins”. Die Rolle des Mr. Moto wurde als eine von vielen Rollen interpretiert, die Lorre selbst als explizit fremdartig darstellten und so dazu beitrugen, ein Bild um den Schauspieler herum zu konstruieren, das ihn und seine eigene Position als “Außenseiter” innerhalb des Hollywood-Films und der amerikanischen Gesellschaft verstärkte. In der Darstellung des Moto achtete er akribisch darauf, sich ganz bewusst von bestimmten extremen Konventionen des Yellowface zu distanzieren. Zwar ging es bei der Darstellung und Präsentation des Schauspielers nach wie vor darum, orientalisch zu “erscheinen”, doch im Vergleich zu vielen anderen Darstellungen asiatischer Charaktere sind die von Lorre gewählten Techniken besonders minimal. Im Gegensatz zu anderen weißen Schauspielern, die orientalische Rollen spielten, trug Lorre keine Gesichtsprothesen, um seine eigenen Gesichtszüge zu verdecken und so eine vermeintlich asiatischere Physiognomie zu erzeugen. Häufig wurden bei gängigen Schminktechniken Augenklappen über Augenlider gestülpt, Gummibänder zur Straffung der Physiognomie und reichlich Make-up zur Gesichtsbemalung verwendet. In seinen Darstellungen von Moto trug Lorre ein etwas dunkleres Make-up, das er auch in The Maltese Falcon verwendete und eine runde Brille mit Drahtgestell. Diese Brille verdeckte kaum eines seiner wichtigsten Erkennungsmerkmale – seine großen Augen. Die Art und Weise, wie sein bebrilltes Gesicht in vielen Sequenzen fotografiert wurde, betonte diese Merkmale sogar noch und zerstörte damit effektiv jede Illusion einer orientalischen Identität. Zudem verzichtete Lorre bei der Darstellung des Mr. Moto bewusst darauf, einen orientalischen Akzent zu verwenden. Stattdessen schlug er einen höheren und weicheren Ton für die Alltagsstimme des Detektivs an. Wenn Moto sich verkleiden musste, nahm er eine stereotype Darstellung an – sprach im Stakkato oder gebrochenem Dialekt – um sich so mit feiner Klinge über diese Art von Diskriminierung lustig zu machen. Da Moto nur selten seine Emotionen oder Motive offenbarte, verlegte Lorre den Schwerpunkt seiner Darstellung auf minimalistischere Techniken wie Gestik und Mimik. Der Schauspieler verließ sich auf eine sorgfältig konstruierte Interaktion mit den Requisiten, gepaart mit einem langsamen und bewussten Einsatz seiner Augen als Mittel, um den Charakter zusätzlich mit Spannung aufzuladen.

“Schauspielerei kommt von innen. Wie du denkst, so siehst du aus und so erscheinst du”, denn Mr. Moto ist ein Japaner, ein kluger, scharfsinniger, ziemlich weltmännischer Mensch. Nun, dann werde ich diese Person und was ich tue, ist richtig. Ich muss keinen echten Japaner studieren, um zu wissen, was ich tun muss. Das ist falsch. Es gibt eine bestimmte Vorstellung von jeder Nationalität, und die Schauspieler meinen, sie müssten diese Vorstellung imitieren, als ob japanische oder chinesische Männer nicht so unterschiedlich wären wie wir selbst! Nicht alle Chinesen fassen sich an den Händen und rennen mit nervösem Schritt herum. Jeder Mensch bewegt sich so, wie er ist. Wenn du dir vorgestellt hast, was er ist, musst du dich so bewegen wie er.”

Literatur

Omasta/Mayr/Streit, Peter Lorre. Ein Fremder im Paradies, Wien: Zsolnay 2004.

Thomas, Peter Lorre – Face Maker. Constructing Stardom and Performance in Hollywood and Europe, New York: Berghahn 2012.

Youngkin, The Lost One. A Life of Peter Lorre, Lexington: University Press of Kentucky 2005.