Peter Lorre: Augen schauen Dich an – C wie Celia

Elisabeth Streit

Cäcilie Lvovsky, ab 1935 nannte sie sich Celia Lovsky

Am Premierenabend von Pioniere in Ingolstadt saß eine zweiunddreißigjährige Schauspielerin namens Cäcilie Lvovsky im Publikum des Theater am Schiffbauerdamm. Als sie sah, wie Peter Lorre in seiner Rolle als Fabian Fliegen von der Fensterscheibe zupfte und ihnen Flügel und Beine ausriss, musste sie sich zuerst vom Schock erholen. Gleichzeitig erkannte sie, wie vom Blitz getroffen, die Einzigartigkeit seiner Darbietung. Als der Vorhang fiel, wollte sie hinter die Bühne, um dem Schauspieler zu seinem grandiosen Spiel zu gratulieren. Der aber war von Frauen umringt und so schloss sie die Tür und ging. Einige Tage später wollte sie bei Schwannecke, einer Berliner Kneipe zu Mittag essen. Als sie dort ankam, sah sie Lorre allein und zufrieden vor einem Teller Knödel sitzen. Sie trat zu ihm an den Tisch und sagte: “Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem sensationellen Erfolg.” Er lud sie ein, sich zu ihm zu setzen. Nach einem angeregten Gespräch fragte er sie, ob er sie nach Hause begleiten dürfe. Sie setzten ihr Gespräch auf der Straße fort, aber je weiter sie gingen, desto ruhiger wurde er. Plötzlich platzte er damit heraus und gestand ihr seine Liebe. “Ich habe gelacht”, erinnerte sie sich später in einem Interview, “und ihm gesagt, dass das jeder sagen kann.” Wütend schrie Peter: “Untier!” Das war ein Spitzname, der blieb.

Tatsächlich hatte sie ihn vor dem besagten 29. März 1929 nicht gekannt, er hingegen wusste schon seit längerer Zeit, wer sie war. Später erzählte er ihr, dass er sie als Desdemona in Shakespeares Othello in einem Freilufttheater in Kritzendorf gesehen hatte. “Ich war nur ein Schuljunge”, sagte er und betonte damit auch, dass er von ihrem Talent und ihrer Schönheit überwältigt gewesen sein musste, denn „Nacht für Nacht habe ich dort das Theater besucht und – Sie angebetet”. Er gestand ihr auch, dass es “Liebe auf den ersten Blick” gewesen war. “Ich wollte immer romantische Rollen spielen”, gab Lorre später zu, “aber nachdem ich einige kleine Rollen bekommen hatte, in denen ich meine Partnerinnen auf der Bühne umarmen musste, beschloss ich, dass ich die Liebe lieber für mein Privatleben aufheben wollte.”

Literatur

Omasta/Mayr/Streit, Peter Lorre. Ein Fremder im Paradies, Wien: Zsolnay 2004.

Youngkin, The Lost One. A Life of Peter Lorre, Lexington: University Press of Kentucky 2005.