Hanna Schimek
2015 wurden Gustav und ich von dem belgischen Dramaturgen Guy Colls in das Choreographic Laboratory in der Dampfzentrale in Bern (CH), eingeladen. Rhythmus als zentrale Form, im Film und in anderen künstlerischen Formaten war Thema der Veranstaltungsreihe.
“Walking Together in Creativity” wählten wir als Titel unserer Lecture Performance. Die Notizen Gustavs für dieser Veranstaltung können, wie es mir scheint, als programmatisch für seine Arbeit im Allgemeinen, und im Besonderen für die Filme gesehen werden, die im Filmmuseum im Rahmen der Veranstaltungsreihe Gustav Deutsch. to be continued von 1. bis 3. November 2024 präsentiert wurden.
Rhythmische Bewegungen und Wiederholungen – Grundelemente des Lebens
Rhythmisch wiederholte Bewegungen unserer Eltern im Liebesakt waren die Grundvoraussetzung für die Entstehung unseres Lebens. Seit unserem ersten Atemzug regulieren rhythmisch wiederholte Bewegungen von Herz und Lunge unsere Durchblutung und Atmung – Tag für Tag, Nacht für Nacht. Regelmäßig wiederholte Wach- und Schlafphasen halten uns am Leben. Durch rhythmisch wiederholte Bewegungen unserer Beine sind wir in der Lage, uns zu bewegen, wiederholte Körperbewegungen prägen Tanz und Sport. Die Wiederholung alltäglicher Rituale bestimmt den Tagesablauf; Die Wiederholung alltäglicher Abläufe bestimmt unseren Lebensrhythmus. Wenn wir gehen, pumpt unser Herz rhythmisch Blut in unsere Venen und Organe, und unsere Lunge pumpt rhythmisch Sauerstoff in unsere Zellen und in unser Gehirn. Hier werden Endorphine produziert, die ihrerseits Sexualhormone produzieren und für die Entstehung von Euphorie verantwortlich sind.
Rhythmus im Film – Produktion und Rezeption
Als Filmemacher arbeite ich allein, zu Hause, im Atelier und entwickle meine eigenen Phasen und Rhythmen des Arbeitsablaufs. Das Filmlabor ist alleiniger Kooperationspartner.
Wenn es um eine Filmproduktion in größerem Maßstab geht, wird die Arbeit am Film zu einer Teamarbeit: Spezialisten aus verschiedenen Bereichen, arbeiten in den Phasen der Produktion zusammen und entwickeln ihren eigenen Rhythmus, jedoch immer innerhalb einer streng organisierten Struktur der Produktionsleitung und der Regie.
Der fertige Film, sei er von einer Person- oder eine Teamproduktion, ist – wie ein Gemälde – eine rhythmische Komposition, die als fließende Linie gezeichnet werden kann, ähnlich den Musiknotationen von John Cage, oder den Wellen unseres Gehirns in verschiedenen Handlungs- und Bewusstseinsphasen.
Das Kinopublikum in den Sitzreihen des Kinos, blickt in eine Richtung und bewegt sich bis zum Ende des Films fast nicht. Körperlich statisch, werden sie durch die Geschehnisse der auf die Leinwand projizierten bewegten Bilder emotional angeregt. Ihr Wahrnehmungsrhythmus ist der Rhythmus des Films.
Mit Unterstützung der Republik Österreich im Rahmen des Förderprogramms “Kulturerbe digital” hat das Österreichische Filmmuseum aus dem von Gustav Deutsch überantworteten Nachlass bisher nicht gesicherte Werke vollständig in 2K digitalisiert. Dieses Schmalfilmwerk umfasst 63 Kurzfilme und wurde gemeinsam mit seiner langjährigen Partnerin im Leben und in der Kunst, der Multimedia-Künstlerin Hanna Schimek, erschlossen.